Schattenherz

Vor gar nicht all zu langer Zeit eröffnete ein befreundetes Pärchen, dass sie bald heiraten wollen. Die Freude war gross, jeder gratulierte. Was ich damals nicht ahnte war, dass man mich fragen würde ob ich Lust habe den standesamtlichen Teil der Hochzeit fotografisch fest zu halten. Für mich eine Ehre, denn den Ehrentag von jemandem fotografieren zu dürfen beweist doch ein erhebliches Vertrauen und kann doch als die positivste Resonanz auf veröffentlichte Bilder gezählt werden, die man sich vorstellen kann. Natürlich ist es ebenso eine positive Resonanz sonstige Feierlichkeiten fotografisch fest zu halten, aber es macht meiner Meinung nach immer einen grossen Unterschied, ob man die beteiligten danach noch sieht, oder ob man die Bilder abliefert und das war’s.

Vorbereitung

Nun ja, entsprechend meiner Aufgabe stellte ich mir nach dem gemeinsamen Gespräch mit dem Brautpaar und der Klärung des zeitlichen Ablaufs natürlich als aller erstes die Fagen: ‘Was und wie will ich fotografieren?’, ‘Wie kann ich mich vorbereiten?’. Die erste Frage war schnell geklärt: Es geht darum Gefühle zu transportieren – geht es jemals um etwas anderes? Das Glück des Paares zu zeigen, dass sie einander haben, so wie das Glück nun offiziell eine weitere Familie zu haben. Und um diese Gefühle zu transportieren bedarf es, sämtliche positiven Eindrücke und Momente zu fangen und für immer ein zu frieren. Die fotografische Dokumentation des Ehrentages bezieht sich somit zum einen auf die Menschen und Gegenstände und Situationen, von welchen das Brautpaar umgeben ist und zum anderen natürlich auf das Brautpaar. Für letztere Aufnahmen bietet es sich jedoch an, das Brautpaar zur Seite zu nehmen und die Bilder abseits der Feiergemeinde an zu fertigen: 1. Eine Ablenkung durch Blicke, Beobachtung und Kommentare ist auf den Bildern deutlich sichtbar. Sowohl an der Mimik als auch an dem Blick, welcher möglicherweise unbeabsichtigt abschwenkt 2. Auf jeder Hochzeit sowie auch diversen anderen Feiern die ich bisher hatte, gibt es zusätzlich Fotografen aus Familie und Freundeskreis, wodurch fotografierte bei einem ‘öffentlichen’ Shooting schnell nicht mehr weiss, wen er ansehen soll. Aus meiner Erfahrung gewinnt im Zweifelsfall – wie sollte es anders sein – der mit der grössten Kamera. Ein deutlicher Nachteil, wenn man man sich diesmal vorgenommen hat, hier mal mit der Systemkamera zu arbeiten… Und damit kommen wir auch schon zum zweiten Punkt, der Vorbereitung an sich. In meinem Fall habe ich die diesen Teil damit begonnen, mir die Arbeiten anderer Hochzeitsfotografen an zu sehen um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie man eine Hochzeit einfangen und Gefühle transportieren kann. Oft sah man hier sehr helle Aufnahmen mit viel Bautschleier und dem Bräutigam als Kontrast im Anzug. Klar, kennt man. Schwierig jedoch, wenn es sich hierbei nicht um die klassische Hochzeit handelt, sondern um eine traditionelle in bayrischer Tracht. Weniger weiß, noch weniger Schleier. Dennoch, aus den Posen konnte man etwas lernen und auch die Ideen zu möglichen Fotolocations half, sich detaillierter auf die Aufgabe einstimmen zu können. Nachdem ich dann erste Ideen für die endgültigen Bilder hatte, begann zwangsläufig Teil 2 der Vorbereitung und dieser lautet: Kenne den Ort. Wie will man sonst wissen, ob und wann die Aufnahmen denn überhaupt möglich sind. Hiermit spreche ich übrigens einen Punkt an, den ich bei den letzten beiden Fotomarathons gelernt habe: Viele Bilder sind nur zu bestimmten Zeiten möglich und viele nur dann, wenn man einen Ort kennt, an dem man sie genau so schiessen kann, wie sie einem vor dem inneren Auge entstehen. Folglich war mein zweiter Schritt der Vorbereitung ein Besuch der Örtlichkeiten: Als erstes das Standesamt und als zweites die Wirtschaft für das Hochzeitsmahl sowie der Weg vom Standesamt zur Wirtschaft. Schließlich könnte man auch auf dem Weg dorthin mit dem Hochzeitspaar ein paar Fotos schiessen, wenn denn die perfekte Location auf dem Weg liegen sollte.

Erste Besichtigung

Eine Woche früher am Standesamt angekommen wurde ich zugleich überaus freundlich begrüßt, was mich grundsätzlich schonmal misstrauisch stimmt. Nachdem ich zumindest mal meine Kamera dabei hatte wurde ich auch gleich als Fotograf identifiziert. Als mir die freundliche Angestellte des Standesamts jedoch ohne Nachfrage sämtliche Türen öffnete und mir erklärte, dass die Hochzeitsgemeinde gleich komme ging mir ein Licht auf.Reflektorstativ Entsprechend beeilte ich mich mit der Besichtigung, nahm ein paar Probeschüsse aus dem inneren um eine Entscheidung fällen zu können, ob ein Blitz nötig sein wird, sowie um die richtige Position im Raum zu finden. Letztere fand ich leider in keiner Ecke und musste als in der Woche darauf improvisieren. Anschließend nahm ich den Garten in Augenschein, schaute nach dem Licht und suchte intuitiv nach guten Plätzen für Einzelbilder und das Gruppenfoto. Nachdem die Trauung gegen 11:30 fertig werden sollte, rechnete ich mit sehr hartem Licht und konzentrierte mich eher auf Schattenplätze. Die Tatsache, dass ein Reflektor oder aber ein Blitz nötig wird, zeigte sich recht schnell. Fertig mit meiner Inspektion drehte ich mich um und sah bereits die Hochzeitsgemeinde, welche an diesem Tag wohl zur Trauung kam. Freundlich begrüßte ich die Anwesenden, welche nun wohl mit den ersten Bildern beginnen wollte. Ebenso freundlich verabschiedete ich mich gleich darauf und ging. Unnötig zu erwähnen, dass es hierbei einige verstörte Blicke gab. Auf dem Weg zur Strasse überlegte ich noch, ob mir irgendwas entgangen sein könnte als mir die Fotografin dieser Hochzeit entgegen kam. Ob denn schon jemand da sei fragte sie. Ich bejahte, sie wurde schneller. Von wo das Licht kommt fragte sie. Ich konnte ihr sofort antworten. Ob ich wüßte in welche Richtung die Sonne wandern würde, wollte sie wissen. Auch diese Frage konnte ich beantworten so wie dass es etwa Mittags schwierig werden könnte einen schattigen Platz zu finden. Zufrieden über die Erkenntnis, doch mehr Details aufgenommen zu haben als mir klar war entschied ich hier fertig zu sein. Als nächstes stand nun also noch ein Besuch der Wirtschaft aus, von welcher ich mir mehr erhoffte. Schließlich würden wir am Standesamt nach dem aktuellen Zeitplan hauptsächlich zur Mittagszeit sein und nachdem die Sonne mittags eher ungünstig ist – es war Wolkenloser blauer Himmel vorher gesagt – musste eine Alternative gefunden werden. Mit dem Fahrrad also ins grüne Richtung Gasthof hielt ich überall dort, wo ich eine potentielle Fotolocation vermutete. Alles wurde kurzerhand mittels Handy festgehalten und so enstanden Bilder von einem von Bäumen gesäumten Feldweg, einem Feldweg hinter einem grossen Baumstamm, Bilder von einer Kapelle mit Treppe so wie Bilder von einem verlassenen Bauernhof welcher noch dazu genau neben der Wirtschaft stand. Mein Favorit in Kombination mit der bayrischen Tracht. Der des Brautpaares ebenfalls. Ein guter Tag.

Der Hochzeitstag

FriseurNach einem letzten abschließenden Gespräch mit dem Brautpaar und der Bitte, einige Bilder bereits am Vormittag mit etwas weicherem Licht zu schießen, kam also der Ehrentag meines Lieblingspaares. Pünktlich um 9:00 morgens fand ich mich beim Friseur der Braut ein und stimmte mich bei einem Kaffee auf den Friseur-Saloon ein, welcher zum Glück noch recht leer war. Kurz darauf erschien die Braut und das 1,5 stündige Haarwunderwerk nahm seinen Lauf. Ein Grund mehr, warum man als Fotograf mehr erlebt als manch anderer Mann oder wer hat sich schonmal freiwillig 1,5 Stunden beim Friseur daneben gesetzt und jeden Handgriff inspiziert? Und so entstanden die ersten Bilder im Friseursaloon. Trotz des Saloons mit großen Fenstern und strahlendem Sonnenschein entschied ich mich hierbei einen Blitz zu nutzen. Ein Bouncer ,welcher liebevoll auch Joghurtbecher genannt wird half mir, das Licht etwas zu dämpfen und weicher zu gestalten. Der Blitz half dann zusammen mit dem Bouncer dabei, die Gesichter auf zu hellen da ich hauptsächlich gegen das Licht fotografierte um einen strahlend weißen Hintergrund zu bekommen. Nach Fertigstellung der Frisur wurden noch eben ein paar abschließende Bilder geschossen und auf den zukünftigen Gatten sowie die Trauzeugin gewartet um im Anschluss schonmal zum Standesamt zu gehen. Schließlich sollten hier schonmal die ersten Bilder entstehen, was ohne die Trauzeugin schlecht funktioniert hätte, da sie sich als eine begnadete Reflektor-Halterin herausgestellte. Dank der Vorbereitung hatten wir somit ein gutes Zeitfenster für die ersten Bilder des Brautpaares. Die bereits im Vorfeld begutachtete weiße Bank diente hierbei für viele der enstanden Bilder. Was die Fototechnik anging versuchte ich stets die Sonne seitlich oder im Rücken des Brautpaares zu haben und mittels Reflektor von vorne oder leicht von der Seite auf zu hellen. Einige Bilder später erschienen dann auch bereits die ersten Gäste und alles ging wie von alleine. Die Gäste kamen, Bilder wurden geschossen. Immer mit einem Auge auf das Brautpaar und mit dem Versuch die Stimmung ein zu fangen. Begrüßung der Gäste, herzliche Umarmungen, Shaking-Hands mit dem stahlenden Brautpaar.

Im Anschluß ging es weiter ins innere. Die Zeit bist alle beteiligten den Raum betreten hatten wurde dafür genützt nochmals alle Kamera Einstellungen, Ladezustand und Restspeicherplatz zu prüfen um nicht beim Höhepunkt – dem Anstecken der Ringe – an einer vollen Speicherkarte zu ‘krepieren’. Was die Strategie anging zählte aufgrund der ungünstigen Blickwinkel die Devise Quantität unterstützt Qualität. Ganz wichtig an dieser Stelle ist natürlich, immer nebenher zu zu hören, was die Standesbeamtin erzählt. Lachende Gesichter, skeptische aber schmunzelnde Blicke und natürlich der Moment in dem die Frage der Fragen gestellt wird MÜSSEN fotografisch fest gehalten werden. Und für derartige Momente sorgte die Standesbeamtin durchaus das ein oder andere mal und lockerte die Trauung somit nicht nur durch ihre freundliche und positive Art angenehm auf. Mit dem Anstecken der Ringe und dem vergiessen vieler Freudentränen wurde auch dieser Teil der Trauung somit abgeschlossen und das frisch verheiratete Paar lud zum Sektempfang in den Garten. Erneut eine Chance Gratulationen, Gäste und das Brautpaar ein zu fangen. Ebenso die Gelegenheit für ein Gruppenbild. Schließlich wirkt der Blick nach einem Sekt in der Sonne doch recht entspannt. Auch bei diesen Aufnahmen kam der Reflektor jedes mal zum Einsatz, um dem frisch vermählten Paar auch im Schatten ein weiches Licht zu spendieren. Dass die goldene Seite doch sehr kräftig wirkt fiel mir jedoch erst bei der Nachbearbeitung auf.

Hand in Hand

Etliche Bilder später ging es also zur finalen Station: Dem Gasthof mit dem alten Bauernhof nebenan. Wir einigten uns darauf, die letzten Bilder erst ganz am Ende zu schießen, wenn das Licht etwas tiefer steht und damit stand erstmal essen auf dem Plan. Hierbei handelt es sich übrigens um einen Punkt, an dem man schnell seien muss. Die Tischdeko sollte fotografiert werden, bevor sie mit Gläsern und essen bevölkert wurde. Die Gäste können noch ein letztes mal eingefangen werden, doch am Ende wird jeder sein essen recht schnell vor sich stehen haben und es gibt nichts schlimmeres als Bilder von essenden Personen. Wobei, doch das gibt es: Einen Fotowütigen neben sich zu haben, während man essen will. Kurze Pausen während des Essens konnten also dazu genutzt werden, die spätere Fotolocation zu inspizieren und den Lichteinfall in Augenschein zu nehmen. Mögliche Szenen und Posen taten sich sofort im Kopf auf. Gerade in Kombination mit der Bayrischen Tracht bot so ein alter Bauernhof doch allerlei Möglichkeiten. Einige Zeit später war es dann also so weit, und die finalen Bilder des Brautpaares konnten geschossen werden.

Fazit

Wie so oft ist Vorbereitung das A und O für eine erfolgreiche Durchführung. Wie so oft ist man aber auch in manchen Punkten hinterher schlauer als zuvor. Als Vorbereitung empfehle ich dringend, die Location zu besichtigen und wenn dies nicht möglich sein sollte, zumindest via Google Earth oder ähnlich den Lichteinfall ein zu schätzen. Nicht weniger wichtig natürlich die Uhrzeit und das erwartete Licht sowie das entsprechend benötigte Fotozubehör. Letzteres sollte man ausserdem anständig testen um nicht beispielsweise am Ende in der Nachbearbeitung Probleme mit zu hellen Reflektoren zu bekommen. Hat man diese Informationen erstmal gesammelt und verinnerlicht und hat man erstmal eine grobe Ahnung davon, wo man am besten wann fotografiert, sollte man sich mit ähnlichen Fotografieren beschäftigen und sich Gedanken machen, welche Posen man sich wo vorstellen könnte. Das ist daher wichtig, da es am Tag der Tage mitunter hektisch zugehen kann und dann muss jeder Griff sitzen und jede Pose schnell klar sein. Denn was man niemals vergessen sollte ist, dass das Brautpaar unter Umständen in haufenweise Tüll, dicke Sakkos oder wie in diesem Fall in einem recht warmen Dirndl und Lederhosen gekleidet ist welche in Sommerlichen Temperaturen schnell zu verschwitzten Bildern führt, wenn man die Posen nicht alle zügig durch bekommt. An der Stelle hatte ich das Glück, mit einem sehr leidensfähigen Brautpaar gesegnet worden zu sein.